Luzifers gechannelte Worte(einfühlsam und eindringlich)

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Leopold Engel : Luzifers Bekenntnisse

Epos in acht Gesängen

Quelle der Vorlage unbekannt, vermutlich aber nach der Ausgabe Lorch, 1928.

1. Luzifers Berufung.

 

Im ewigen Raum schwebt ein heller Geist und schaut mit großem Auge in die Fernen des Weltenalls in tiefstem Staunen:

 

»Wer bin ich?« – – »Was ist mein sein? – – Ich sehe nichts um mich als meine Klarheit. Mein eigen Ich erkenne ich, doch was bin ich? Mein Kleid ist Licht. Mein Fühlen, Denken reicht nicht weiter, als mein Auge schaut! – – Wo bin ich? Was hat mich geboren? – – Ich bin – – und war doch nicht, bevor ich lebte. – Was ist mein Sein? – – Ich fühle, daß ich bin und heißes Streben regt sich in mir, zu wissen – warum ich bin, weshalb ich ward? –

 

Im leeren Raum, der ohne End’ und Anfang mir Wohnung scheint, Heimat und Zufluchtsort, da ward ich ausgeboren und fühle mich allein. – Soll einsam ich in diesem Raume bleiben, durcheilen ihn, stets ohne Zweck und Ziel? Laß mich dich Kraft erkennen, die mich in’s Dasein rief, die mir das Leben gab, die Einsicht, daß ich sei, in’s Hirn mir pflanzte und das Bewußtsein gab: Ich bin! – Warum bin ich? – Das will ich wissen, muß es wissen! Antwort erwarte ich in heißester Begierde und wenn du bist, o Schaffenskraft, so offenbare dich! Zeig dich und sage, was dein Wille!«

 

Es rief ich einst, als mich die Kraft der Gottheit, die Allmacht in das Leben zwang und ich zum Wissen meines Seins gelangt – doch einsam war.

 

Ein lichter Geist war ich, der strahlend seine Macht erkannte, jedoch nicht wußte, wie sie zu gebrauchen.

 

Erwachend zum Bewußtsein, nicht in Vollkommenheit geboren, nicht weise so wie Gott, nicht im Besitz der Liebe zu dem Höchsten, den ich nicht kannte, nur in mir selbst und aus mir selbst die Schöpferkraft empfindend, durchreiste ich des Weltalls ew’gen Raum, Licht bringend überall, wo ich verweilte.

 

Dem Kinde gleich ward ich geboren, das wächst, dann fühlt und denkt. Das Menschenkind von Mutterhänden wohl gehütet, kennt seine Mutter anfangs nicht, weiß nicht, daß es aus ihrem Schoß ins Dasein trat – und dennoch ruft es weinend nach der Mutter. So rief auch ich nach meiner Mutter, – erst lallend, dann mit lauter Stimme, – doch ward mir nicht ihr liebes Angesicht.

 

Dem Schmetterlinge gleich, der aus der Puppe kriecht und furchtsam erst sein schönes Flügelpaar entrollt, um dann mit schwachen, stetig stärkeren Schlägen die Kraft der Schwingen zu erproben, bis sie ihn hoch in sonnendurchwärmte Lüfte tragen, so wagte auch der Erstgeborene Gottes, der ich bin, die Schwingen seines Geistes zu entfalten und suchte seine Mutter.

 

Wie ist’s dem Kinde wohl am warmen Mutterherzen, wie schmiegt es sich an ihre Brust und trinkt mit Lust die Nahrung, die sie freudenvoll ihm bietet – Ihr wißt nicht, Menschen, welche Gnad’ euch wurde, als Gott der Herr euch jedem seine Mutter gab.

 

Ich habe meine Mutter nie gesehen, hab’ ihren warmen Hauch, den Kuß der Liebe, den sie auf’s Haupt des Kindes drückt, nie wie das kleinste Menschenkind empfunden. – Ich ward geboren ohne dieses Glück, war da, erblickte nie die Kraft, die mir das Leben gab und mich zum Wachstum eines Daseins im weiten Ätherraum des Weltalls zwang.

 

Ich fühlte klar, daß eine Kraft bestand, die zeugend mich zum Werden ausgeboren, daß ich nicht selbst ein Leben mir gegeben, das schlummernd erst im tiefem Weltraum ruhte, und dann erwachend sich als Ich erkennt. Ja, ich empfand: die Schöpferkraft, die mich durchströmte, kam nicht aus mir, sie drang von Außen in mein Ich, ergriff, durchglühte voll mein ganzes Wesen und sprach als ew’ger Geist zu mir, dem ersten dienenden Geschöpf.

 

Gewaltig fühlte ich den Hauch der Macht, doch nicht wie Mutterliebe, nein, wie Sonnenglanz und Sonnenwärme, die den wegmüden Wandersmann umgibt, der sich am Waldesrand im Sonnenstrahle badet.

 

Was ist das Glück des höchsten Machtempfindens, das sich in mir, dem Erstgeborenen vereinte, nur gegen einen Tag am warmen Mutterherzen, das ich nie gekannt.

 

Mir ward die Gottheit nur der Zeuger meines Seins, stets unsichtbar, nicht Mutterleibe gebend, doch Kraft und Macht, Licht aus mir strahlend und verbreitend, Licht, das die Finsternis durchdrang, und die mir ernst gebot: »Gebrauche die verliehenen Kräfte und schaffe, was ich nach meinem Plane dir gebiete!«

 

Ich tat es gern, getrieben von des Ewigen Willen und fühlte wie in ihm mein eigener Wille wuchs!

 

Der Flug der Zeit entstand in mir, denn die Geburt des Erstgeborenen heißt und bedeutet den Anfang aller Dinge, die da sind im Weltenraum der Ewigkeit.

 

Die Zeit begann den Flügelschlag zu regen und führt noch heut das Zepter der Geschehnisse im All. Mit dem Begriff der Zeit, mit ihrem Walten, ward mir das Wissen bald vom Anfang aller Dinge und daß der Wirbel eines Schöpfungstages zwar von der Ewigkeit ward ausgeboren, doch Anfang auch ein Ende muß bedingen. Der Anfang, der war ich. – Es wurde keine Antwort mir gegeben.

 

Ich rief nach dem, der mich gezeugt und sieh, – da klang in mir die Stimme wieder, die schon einmal mir anbefahl, die Kräfte zu gebrauchen, die mir gegeben, nicht zum eignen Spiel, nein, nach dem Plan, der sich entfalten würde.

 

Ich wußte nichts vom Plan der Schaffenskraft, ich wußte nur, daß einsam sein ein grausames Geschick. Ich sehnte mich, nicht mehr allein zu sein. Ich wünschte heiß, Gebilde zu erschaffen, die so wie ich gestaltet und beseelt, mit mir der Zeiten Lauf empfinden und bestimmen.

 

Es wurde mir, als tauchte ich in Licht und Glanz. Ein Wort, dem Blitze gleich durchzuckt mein Herz, es folgten andere und klar vernehmlich tönt es in mir: »Du bist das Bild der Urkraft, die dich zeugte, jetzt zeuge du mit festem Willen. Stelle die Bilder, die in dir sich lichten, aus deinem Ich hinaus, hauch Leben in sie ein! Die Macht ist dir gegeben! Werd Vater neuer Geistgeschöpfe, die dir gleichen. Du bist aus mir entsprossen als mein Sohn, bin Vater dir und Mutter!«

2. Luzifers Schuld.

 

Mit stolzer Freude füllte sich mein Sinn. Ich – Erstgeborener der Gottheit, die ihre Macht in meine Hände, meinen Willen legte und mir befahl zu schaffen, zu erwecken. – Konnt’ sie es selber nicht? – Bedurfte sie, die in dem All die weiten Fernen zwang mit ihrem Willen, auch durchdrang, des sichtbaren Geschöpfs – so war ich selbst wie Gott, denn seine Herrlichkeit konnt’ ohne mich zu Taten nicht gelangen. – So dachte ich, nachdem anfangs mit Zagen, dann weiterhin in Sicherheit und Ruh ich alle Kräfte prüfte, die mir wurden. Der Anfang war ja ich, das Ende schreckte nicht. Daß es jemals ein Ende geben könne, das mir die Macht entreißen, den Willen brechen könne, Halt gebieten dem Eigenwillen mißverstandenen Könnens, kam nicht in meinen Sinn. Ich war der Erste, konnte ich der Letzte werden?

 

Ich schuf, was mir die Gottheit hat geboten und bald umgab mich eine Schar, die wesenhaft wie ich, in mir den König, ihren Herrn erkannte, die, nur durch mich erfüllt mit starken Kräften. Den Raum bevölkerte und anderes erzeugte. Sie beugten sich auch meinem Willen, sie führten aus, was ihnen ich gebot, doch merkt’ ich nicht, daß neben diesem auch ihr eigener erwachte und in dem Drang des Selbsterwachens zu eigenen, mir fremden Taten führte.

 

Allgegenwärtig war ich nicht, auch nicht allwissend, auch nicht voll Demut, die da sagt: nur was der Vater will, erfährt der Sohn, was er ihm offenbart – – und darum mußte mir verborgen bleiben, was hochmutsvoll in meinen Söhnen gärte, die ich, wie mich die Gottheit einst, geboren.

 

Der Schöpfer gibt, was in ihm ist, den Wesen, die seiner Hand entsprießen. Ist nur ein Keim vorhanden, wird’s ein Baum. So wuchs aus erstem Keim, der nicht erstickte, als ich die Macht der Gottheit mehr erkannte, in meiner Schöpfung auch das Unkraut auf, das auszurotten wäre Pflicht gewesen, doch das ich pflegte, weil ich herrschen wollte.

 

Was heißt nun herrschen im Sinne Gottes und in meinem? – Die Unterscheidung ist so einfach und dennoch steht sie nicht im Sinn der Menschen, die beides oft verwechseln.

 

Wenn Gott, der Herr, das All beherrscht und seine Wesen, so ist der Urgrund stets das Glück allein, dem seine Liebe zuführt, was da lebt. – Nicht soll im Sklaventum der Mensch hinschmachten, nicht dienen dem Tyrann des Weltenalls, der strafend, richtend in der Ferne weilt, die unnahbar und unerreichbar ist, aus der jedoch er Blitze schleudern kann, die zornig seiner Hand entfahren, sobald der Mensch sein streng Gebot versieht. –

 

Nein, – herrschen heißt ihm – – Weg bereiten zum Glück und Heil, damit in Liebe die Wesen sich dem Höchsten nähern können, wenn sein Gesetz sie sich zum Ziele nehmen, das nur allein vereinigt beide. – –

 

Nicht launisch ist das Sollgesetz des Höchsten. Es zeigt nur den einzigen Weg zum Heil, kein anderer ist gangbar, ist zum Ziele führend.

 

Ist Herrschsucht da, wo Liebe nur befiehlt? – Ist Zwang vorhanden, wo das Herz gebietet und in Gehorsam zwar geübt, ihn ausführt durch Erkenntnisfähigkeit.

 

Bewundernd steht das Wesen nah’ dem Throne, dem es sich nähern kann voll ehrfurchtsvoller Demut. Vor Gottes Weisheit fromm erschaudernd, die Wege seines Heils erkennend, beugt es in heißer Dankeslieb sein Haupt und betet an die Heiligkeit des Vaters, nicht voller Scheu und Ängsten, nur voller Dankbarkeit, Bewunderung und Liebe.

 

So herrschet Gott im all. Nicht seine Ehrsucht, seiner Söhne Glück und seine Vaterfreude lenkt sein Gesetz, nicht Machtgefühl des Herrschers.

 

Wollt ich dasselbe nun? – Ich will’s bekennen!

 

Ich ahnte wohl, – ja wußte, was der Herr verlangte und dennoch trat ich ihm entgegen im Machtgefühl, das er mir erst gegeben.

 

Warum ich’s tat? – Auch das will ich bekennen! –

 

Sagt mir, wer ist am mächtigsten? Der, der die Macht besitzt im Wort oder ist’s der, der sie besitzt durch Tat?

 

Der König hat das Wort, treibt seine Diener an. Ist einer ungehorsam, wird er durch andere bezwungen. Doch, fehlen diese Diener, wie ist es dann? Wird nicht ein Ringen um die Macht entstehen? Kann sich der Diener nicht in seinem Glauben täuschen, daß ihm die nur verliehene Macht verbleibt, daß er sie an sich reißen kann, ja muß, damit der Geber nicht einst Töter werde? Verkennt der Diener seinen Herrn, weiß nicht, daß Liebe nur in seinem Urgrund wohnt, die er als Elternliebe nie empfand, so ist der schwere Irrtum stets ermöglicht.

 

Wer irrt, verbeißt sich leicht in falsches Wollen, glaubt Recht zu haben, wenn er Unrecht hat und ist er stolz auf seinen Rang, sein Können, so wird er mit Gewalt behalten wollen, was Gnade ihm einst gab. Verwirrt ist bald die rechte Wahl der Mittel, der Eigensinn, der Hochmut stellt sich ein und größer als der Meister dünkt sich der Lehrling.

 

So ist es bei den Menschen auch noch heute. – Auch ich dacht menschlich, irrte und verstockte.

 

Was nun aus meinem Inneren entströmte, ein falsches Denken, falsche Taten, fand Widerhall in meiner Schar. – Auf nahm sie, was in meinem Hirne gärte, und so ward ich der Zeuger auch von dem, was in dem Lauf der Zeit sich widerspiegelt – als Satans Bild.

 

Weh euch, ihr Väter und ihr Mütter, vernichtet ihr in euch nicht die Begierden. Sie keimen auf und wachsen in den Kindern. Sie überwuchern leicht die besseren Gefühle und schaudernd seht ihr dann zu Taten werden, was ihr selbst zu denken nimmermehr gewagt. – Entrinnt der Mensch der schweren Hand des Zwanges, wenn dieser auch zu seinem Besten ist, hat er nicht die Erkenntnis sich errungen, daß das Gesetz des Herrn sein Heiligtum, so stürzt er sich in alle Leidenschaften, in Haß und Zorn, in blindes Wüten, und statt zu himmelshöhen aufzusteigen, vernichtet er sich selbst, schafft sich die Hölle.

 

Der Zeuger in den Gezeugten und diese bilden aus, was ihnen ward. Bald übertrifft der Sohn den besseren Vater in dessen Fehlern, falschem Tun, wenn nicht das Licht der Wahrheit ihn erhellt.

 

Versteht, – es ward durch mich das Samenkorn der Zwietracht ausgestreuet, doch übertroffen ist mein falsches Wollen worden von jener Schar, die mich als Vater kennt.

 

Ich will mich nicht entschuld’gen, will schwere Schuld nicht von mir wälzen, will nicht entziehen mich den Folgen, doch Wahrheit will der Welt ich geben, die mich als Schild vor ihre Sünden stellt.

3. Luzifer, der Satan?

 

Prinzip des Bösen soll ich sein, der Gegenpol der Gottheit, die das Gute, ja das höchste Lieb’ und Weisheit in sich faßt, – und doch Erzeuger dann des Bösen ist??!

 

Sagt nicht der einfachste Verstand, sobald er nur begriff, daß der Erzeuger nur das vergeben kann, was in ihm selbst, daß dann in Gott das Böse gleichfalls ruhte? Wie hätte er mich sonst erschaffen können?

 

Im höchsten Wesen wohnt dann neben Gott – der Teufel, und, wenn sie sich getrennt, bin ich so ewig als es Gott, bin ich nicht Untertan, bin Herr wie Gott! – – Wer will das glauben? – – Glaubst du’s. So bin ich nicht der Erstgeborene mehr, kein erst erschaffener Geist, nein, ewiges Prinzip, das neben Gott besteht, wie Zeus und Pluto einst.

 

Wer’s glauben will, der glaub’ es. Ich aber will die Wahrheit nicht verhehlen.

 

Ich bin nicht Teil der Gottheit, bin ewig nicht, nahm Anfang wie die Schöpfung, bin Erster zwar nichts weiter. Ich bin auch nicht das Böse, das Gott aus sich herausgeformt als Weib.

 

Die Gottheit braucht kein weibliches Prinzip, mit dem sie sich vermählt.

 

Sie ist in sich so fest geeint, wie harter Diamant, untrennbar in sich selbst, ein fest Gefüge des höchsten Seins, das sich nicht spalten kann.

 

So konnte Gott auch Keime in mich legen, drum kann ich wieder nah’n dem, den ich einst verkannt. – – Dies sei gesagt, bevor ich nun berichte, was weiterhin im weiten Raum geschah.

 

Ich führte eine Schar, für die ich König, die untertan mir auf mein Tun stets achten, der Vorbild ich und Weisheitsgeber war. Doch wie ich merkte, regten sich dort Triebe, die gegen mich sich richten konnten, weil ich wohl Herr der Leiber, doch nicht der Seelen, in denen die Gedanken die Freiheit eigenen Willens züchten.

 

Als ich’s erkannte, wußte ich alsbald, daß meine Macht zu Ende gehen würde, wenn nicht der Zwang begrenzt das Tun der Söhne, die mir entsprossen. Und ich fand das Mittel für die Fesseln.

 

Gott schafft, indem er festet, was er denkt. In diesem liegt allein die Schöpfungskraft. Auch ich hab’ diese Macht empfangen und hauchte meinen Bildern Leben ein. So festete in mir sich jedes Bild, das ich mit Willenskraft umfing, und nahm gefangen, was außer mir im Weltenall entstand, getreu dem Spruch, der einstens mir geworden.

 

Ich habe meine Schöpfung eingepreßt im Bande meines Willens, daß sie gehorchen mußte wie der Sklav, der gegen seinen Herrn, der schweren Ketten wegen, die er trägt, nichts unternehmen kann.

 

Herr wollt’ ich sein und bleiben, regieren meine Welt nach meinem Willen, kein and’rer sollte gelten. Das Glück, die Freudigkeit des Lebens sollt’ jene Wege nehmen, die ich weise, nicht nach den Wünschen, die die Sklaven nähren.

 

Tut Gott dasselbe nicht?

 

Nein! Seine Weisheit erkennt allein das Ende aller Dinge, sieht, wie das Ziel sich auch erreichen läßt und diese letzte Weisheit fehlte mir.

 

Das Ziel ward so mein Ich, ganz ohne Liebesziel in göttlicher Bestimmung. – –

 

So wurde ich der Mächtigste im Reich der Geister, blieb König nur von eignen Gnaden, nicht durch des Herren Liebe und Gerechtigkeit. – Es seufzten die Geschöpfe, die unter meinem Zepter lebten, ihr eigener Wille ward geknechtet, nicht frei zur Gotterkenntnis.

 

Ich glaubte, recht zu tun, vermied es sorglich, mich mit dem Vater zu verbinden, und lehnte ab die erste leise Warnung, die mir ins Herz gegeben wurde.

 

Ich bin wie Gott! so dachte ich in Hochmut, und ohne mich ist Gott ein schwaches Nichts.

 

Sagt nicht, daß solcher Irrtum schuldlos ist, ja, daß er sicherlich entstehen mußte. Er mußte nicht entstehen, weil ich den Zeuger nicht gesehen, er mir sich jemals zeigte und darum ich mich selbst als Urkraft fühlen konnte.

 

Als erster Geist stand ich im Licht der Wahrheit, konnt, wachsend in dem Licht, mich auch der Gottheit nah’n, die deutlich zu mir sprach. Doch konnte ich mich auch verschließen, weil Willensfreiheit, die ihr kennt, von Anbeginn das Ziel des Höchsten ist. – Sehnte ich mich nach meiner Mutter, wollt’ liebend ich den Vater kennen lernen, so brauchte ich nur jene Kraft erfassen, mich ihr hingeben, mit dem Zug der Liebe, die jedem kleinsten Menschenkind zu eigen, die zu mir sprach: »Du bist mein Sohn, bin Vater dir und Mutter!«

 

Tat ich’s, so war ich halb geborgen. Ich tat es nicht; wollt sein wie Gott und ward dadurch zur Schlange, die da zischte: Eßt vom Baume der Erkenntnis, erfaßt den Unterschied von – gut und böse – dann werdet ihr auch sein wie Gott!

 

Das Gute kennen, doch es nicht erwählen, die eignen Wege gehen im Irrlichtschein verlogener Vortrefflichkeit, die Eigensinn und Hoffart lüstern zeigen, – das ist die Sünde wider Gott, das ist der Pfad, der ins Verderben führt.

 

Und diesen Pfad ging ich! – Ich hoffte, daß ich die Gottheit selbst gefangen nehmen, sie festen könnte mit der Kraft des Willens, die ja mein ganzes Sein erfüllte, daß ich nicht nur ein Teil der Gotteskraft, nein, ganz sie in mein Sein einsaugen und sie dann untertan mir machen könne, wie ich die Schar mir untertan gemacht, die von mir ausgeboren durch meines mächt’gen Wortes Ruf.

 

So ganz verblendet, ging ich tiefem Sturz ich unaufhaltsam zu, – mußt’ die Geduld des Höchsten unterliegen und mir entzogen werden, was mir einstens ward.

4. Luzifers Fall.

 

Im weiten Weltenall allein zu herrschen war mein Traum, nicht glaubte ich, daß außer mir ein zweiter Mächtiger noch sei. Doch ward ich’s inne.

 

Mit Stolz umkreiste ich die Welten alle, mein Werk, das ich erschaffen und hohe Freude lohte auf im Herzen. »Wer kann mir widerstehen, wer kann der Fülle meiner Kraft entfliehen? Herr bin ich, Herrscher werd ich bleiben, die Ewigkeit selbst ist mir untertan und keiner ist, der mir je gleichet.« So prahlte ich in Hochmut, voll Überhebung und voll Übermut.

 

Da flammte aus des Raumes weiter Ferne ein jäher Blitz auf und umzuckte mich. Im grellen Schein schwirrt’s auf mich zu, – – und vor mir stand ein Geist, den ich nicht kannte.

 

»Wer bist du, wer hat dich geboren?« So fragte ich erstaunt und starrt ihn an.

 

»Die Gottheit schuf mich, wie sie dich erschaffen. Ich ward gesandt, dich ernst zu warnen. Du schreitest auf dem Wege des Verderbens, willst sein wie Gott und bist nur sein Geschöpf. – Des Vaters Langmut ließ geschehen, daß du die Grenze deines Übermuts, die Tür des Kerkers hast erreicht, der dich gefangen nimmt, kehrst du nicht um. Du kennst das Ziel der Schöpfung! Die Geister sollen frei sein, nicht geknechtet, wie du es willst. Drum löse alle Bande deines Willens, vereinige dich wiederum mit Gott, bleib was du bisher warst, sein Sohn, der gern, gehorsam des Vaters Willen stets erfüllt, weil dessen Weisheit alles liebvoll leitet. – Kehr um! Werd Widersacher nicht! Hör’ auf mein Wort!«

 

»Du wagst es, mir zu drohen? Ich feßle dich mit meiner Willensmacht wie jene, denen ich gebiete. Sei wer du willst, ich bin der Erste, ich herrsche hier allein, du hast zu weichen meiner Macht. Werde mein Sklav!«

 

Ich rief es laut und alle Kräfte raffend schleudre mein Willensnetz, das stets noch jedes Wesen eingefangen, wenn es mir etwas zu entschlüpfen dachte, ich wuchtvoll diesem Boten zu.

 

Gewaltig, riesig reckte jetzt mein Feind sich auf. Ein Licht strahlt von ihm aus, das schreckensvoll sich tief ins Herz mir bohrte. Machtlos sank meine Kraft von seinem Panzer ab, der ihn als Sendling Gottes schützte.

 

»Gott ist die Liebe, beuge dich vor ihm«, so rief der Gottgesandte, »sei mein Bruder!« Ich führe dich vor seinen Thron, er nimmt die Binde ab, die deinen Blick verdunkelt und dich in Finsternis geführt. Ein Wort genügt!«

 

Ach hätte ich dies eine Wort gesprochen, die Bitte um Vergebung. Wie hätte alles anders sich gestaltet als es jetzt ist.

 

Ich sprach es nicht – – und meine Welt versank, – zertrümmerte!

– – – – – – – – – – – – – – – –

 

Kein Mensch kann fassen, was damals geschehen. Der freie Geist nur wird und kann es schauen. Drum schweige ich. Laßt euch genügen an dem, was euch gesagt. – –

 

Ein Chaos ward, aus dem der Schöpfer bald eine neue Welt entstehen ließ, die fest gehärtet nun den Raum durchfliegt. Sie dient dazu, die Geister zu befreien aus dem Gefängnis, in das mein Wille sie einst eingeschlossen. – Wer es begreifen kann, wird es verstehen, doch anderen wird märchenhaft erscheinen, unfaßbar oder auch zum Lachen, was vor Äonen dennoch ist geschehn, dem Menschverstande vielfach unerfaßbar.

 

Was wurde nun mit mir?

 

Mein Reich in neuer Form bestand! Selbst Gott der Herr konnt’ es nicht brechen, wollt’ er nicht ungetreu sich selber sein. Was seiner Hand entsprießt, kann nicht vernichtet werden. Der Ewige schafft auch nur ew’ge Werke, wohl wandelbar in sich, doch nicht vernichtbar, so wenig wie des Ewigen Wort. – Ich war und blieb!

 

War mir auch jede Macht genommen, die über jene Leiber herrscht, die sich im wunderbaren Aufbau auf’s neue bildeten nach Gottes Plan, bis sich im Menschen eine Form erzeugte, die noch zur Stunde jede Welt belebt, der Kern der Form blieb dennoch unter meinem Einfluß.

 

Der Kern entsprang aus meinem Sein und formte sich durch meine Willenskraft zum Wesen, das mir gleich. In diesem Kern, den ihr die Seele nennt, sind alle Eigenheiten eingeschlossen, die mir entstammen, meinem Ich entsprechen. In einer Eichel ruht der spätre Baum. Wenn jeder Baum sich auch entwickelt, wie es der Boden, dem er just entwächst, gestattet, wie Luft und Licht den Wachsenden umgibt, sodaß zwei Bäume nie sich gleichen können, so dankt der Eichbaum hoch, dem Samen nur, der Eigenart ihm gab, sein Leben und gibt dieselbe Art dann weiter. Ein Eichbaum kann nicht eine Buche werden. Zersplittre ihn in seine kleinsten Teile, setz sie zusammen wieder, – – und es bleibt die Eiche!

 

Nun solch ein Baum bin ich! – Was aus mir sproß, muß meiner Eigenart allein entsprechen, muß in sich tragen alles, was mein Geist, mein Schaffen in sich trägt, denn mir des Erstgeborenen Stempel ist gezeichnet, was Mensch heißt, menschlich denkt und strebt!

 

Ich selbst blieb frei, aus ewigem Wort geboren. Doch meine Welt, zersprengt in ihre Teile, sollt wieder bilden sich als Ganzes, sollte den Weg zu Gott, den ich verrammelt, finden, damit sie nicht in mir den Höchsten sah.

 

Auch blieb es mir nicht fremd, daß Gott der Herr, sich seinen Wesen sichtbar zeigen wollte, daß eine Form er sich erwählen müsse, die gleich den Menschen sich als Mensch gestalte.

 

Nun, dieses Wollen schien mir sehr ersprießlich in seinem Keime zu ersticken dadurch, daß ich die Menschheit mit gewann.

 

Was nützt ein Gott, an den der Mensch nicht glaubt. Komm ich zuvor dem Höchsten, geb’ einem Glauben den Weg, der mir gefällt, so mag er dann versuchen, dem Menschen sich zu offenbaren.

 

In freier Wahl soll sich der Mensch entschließen, wohlan, so soll er die Gefolgschaft weigern dem, der mich stürzte!

 

So dachte ich und sann, wie mir die Menschheit dienstbar würde.

5. Luzifers Plan.

 

Wenn Gott dem Menschen Freiheit gab, so gab er ihm den höchsten Schatz des Seins. Gott ist in sich der Inbegriff der Freiheit, die von der höchsten Weisheit wohl geleitet, sich nicht im Abgrund eines Wahns verliert.

 

Gott kann die Freiheit seines eigenen Ichs, das in sich selbst unwandelbar, auch nicht mißbrauchen, kann nicht ein Ziel, das seine Freiheit schuf, ins Gegenteil verkehren, er kann nur, muß es jederzeit verfolgen, kennt alle Wege, wenn er sie auch ändert, die das verfolgte Ziel stets näher bringt.

 

Ganz anders ist es bei den Wesen, die er entstehen ließ und denen das Geschenk der Freiheit wurde.

 

Sie sollten Selbstbestimmung üben; sie sollten lernen, wahre Freiheit sich erringen, die frei von Wahn und Täuschung den Siegespreis des Gotteskindes bringt.

 

Hier gab sich mir ein Weg, die Herrschaft zu behaupten, die mir die Hand genommen, die einstens mich erschuf und ringen wollte ich um diese Krone.

 

Noch standen mir zur Seite manche Diener, die nicht zersprengt als Herren mich erkannten und glaubten, daß nur ein tieferes Wissen mich gehemmt und die mich liebten, weil ihre Kraft sie besser als vordem entfalten konnten. Sie glaubten, ihre Freiheit sei mein Wille, sie wußten nicht, daß Zwang sie ihnen gab. Sie folgten mir. – Dämone nennt ihr sie und sind doch nur die Irrgeführten.

 

Ich sah, wie sich der Mensch entwickelte. Wie er im Urzustande erst, dann weiterschritt und wie aus der Materie, die ich gesammelt und gefestet, sein Leib gebildet ward und seine Seelenkräfte. – Auf diese richtete ich nun den Willen.

 

Fang ich die Seele ein, kann ich sie trennen von jenem seinen Faden, der mit Gott verbindet und immer stärker werdend, sie umspinnt, sobald der Mensch sein wahres Sein erkennt, so mußte sie mir dienen, hingeben sich dem Traum, der Wahngebilde schafft, der Täuschung dann für Wahrheit hält.

 

Der Mensch will glauben. Sichtbar zeigt sich ihm. Daß fremden Kräften er ist untertan, denn Herr, das merkt der Dümmste, ist er niemals im Reiche der Natur. – Nach diesem Ursprung fremder Kräfte sucht er, frei wählen kann er, was er glauben will, sei es auch ganz verwirrt und töricht. – Mach glaubhaft nur, was Menschen glauben sollen, und Herrscher wirst du sein in ihrem Kreis.

 

Wer hütet nun den Glauben, gibt Kunde von der Gottheit, deren Walten, sorgt, daß sie sich dem Frommen offenbare und kündigt ihren Willen an? Es ist die Priesterschaft in allen Landen. Gewinne sie, so herrschest du im Volk. Seht, das erkannt’ ich bald und wußt’ gefügig mir jene Kräfte in den Dienst zu zwingen, die sich der Gottheit nahe dünkt.

 

Ich flüsterte den Toren Märchen zu, ließ heil’ge Bücher voller Wust verfassen, die die Geburt, das Wirken und das Sterben der Götter schildert und ward selbst ihr Gott!

 

Aus Zeus, Osiris, Jupiter und Marbuk hab’ von Ägypten, Babyloniens Strand ich Götterlehren weitverbreitet, den Glauben an den wahrhaft Einen in allen Ländern untergraben und ward als höchste Gottheit hochgeehrt.

 

Die Götterlehre, ist sie auch verwirrend, durchfeucht von vielen lüsternen Geschichten, die nachzuahmen Frömmigkeit bedingt, bedurfte aber auch der Weisheit. Drum ließ ich leuchten meine Klugheit, gab Wissen wie es mir behagte, jenen, die meinem Dienst sich fügten, meiner Hand.

 

Orakelsprüche, seichte Lehren von Ursprung dieser Welt, von Zauberkünsten, wie sich der Zukunft Mantel lüftet, sobald der Mensch dem falschen Gott sich widmet, das lehrte ich und die getreuen, die, mir als Nebengötter eng verbündet, der Menschheit Schicksal leiteten mit mir, wußten die Schlauheit ihrer Herrschaft auszuüben. Sie folgten mir mit Willigkeit getreu!

 

So habe ich’s erreicht, – ward Heidengottheit! – baute mein Reich mit Eifer und konnt’ spotten dem Gott des Lichtes und der Wahrheit.

 

Satan ward ich, der Fürst der Finsternis, in die ich alle Seelen tauchte.

6. Das Reich der Finsternis.

 

War ich ein Fürst, besaß ich auch ein Reich, in dem ich herrschte, wie der Fürst der Erde von seiner Hauptstadt aus sein Reich regieret.

 

Die Torheit hat zur Hölle umgestaltet, zum Orte der Verdammnis und des Feuers, zur Leibesqual und Folterung der Seelen, was zwar als Reich bestand, in dem ich herrschte, doch das in sich nicht diesem Sinn entspricht. Ich will erklären, wie es darum steht, doch sei zuerst der Erdenzweck genannt.

 

Die Erde hat im Weltenall Bedeutung, zwar nicht als Stern, der als Trabant der Sonne mit ihr als Körper das Weltenall durchstreift, die Hauptbedeutung ist ihr geistiger Wert.

 

Denkt euch des Chemikers Retorte, vermittelst der er Reines schafft aus Schmutz. Im Kolben wird der Stoff gekocht, der trübe aufsteigt, wirbelt, dampft, sich löst, um dann im andern Teil des Geräts sich wieder zu verdichten, klar gereinigt. Stoff wird dadurch zum Elixier des Lebens, von allen Schlacken frei, heilsam und rein. – So soll im Weltall auch aus der Retorte, die mit dem Liebefeuer Gottes wird geheizt, sich bilden in dem andern Teil, dem Sammler ein neu Gebild aus der Materie Schlamm, ein reinliches Produkt, das durch den Chemiker im großen Weltenall sich zeugt nach weisheitsvollem Plan.

 

Dort, wo die Enge des Retortenhalses sich einfügt in den Sammler, ist das Tor, durch dessen engen Raum die Dünste einziehen zur Reinheit ihres Geisterseins, – wenn nicht ein Hindernis sie zwingt, nach anderer Richtung abzugleiten.

 

Seht dieses enge kleine Tor, dort kreist die Erde, das Hindernis bin ich! – – Seit Erderschaffung hielt ich stets die Wache vor jenem Tor und zeigte auf ein kleines Loch am Halse der Retorte, das mühsam ausgebohrt, anscheinend in die Freiheit führt und doch nur in mein Reich der Finsternis.

 

Stets habe ich die Seelen abgefangen, sie in mein Reich geführt, das mächtig wuchs, gedieh und seine Grenzen immer mehr erweiterte. Leer blieb der Sammler Gottes, doch vollgefüllt der meine, fest angesogen an der offnen Stelle.

 

Was Menschen glücklich macht, hab’ ich gegeben. Sie hatten Macht wie Reichtum, und nicht verschloß ich ihrer Lüsternheit nach frevelndem Genuß die Tore. Das alles hätten sie verachten müssen, sollt sich das Tor zum Gottesreiche öffnen.

 

Ich konnt es nicht verhindern, daß wenige mir doch entgingen, den Weg nach meinem Reich vermieden und den zum Reiche Gottes suchten. Die wenigen – sie waren mir verhaßt; zu töten ihren Leib und ihre Seelen ward mir Genuß.

 

Im fernen Osten, fern vom Getriebe jener Welt und Zeit, die ihr die alte nennet, lebte ein Mann, der lange nachgedacht, woher der Mensch und seine Seele, woher sie wohl gekommen und nach dem Tode geht. Die Götter Babylons genügten seinem Seelendurste nicht, er fühlte tief in seinem Herzen, daß andere Kräfte, anderes Wollen als Götterweisheit in dem All regiert. Und dieser Mann fand halb den Weg zu Gott, der ihm ihn ebnete und auserkor, der Menschheit jenen Weg zu zeigen, der zu ihm führt, doch abseits von den Göttern.

 

Voll Grimm stand ich an jenem Tor und suchte Abrams Sinne abzulenken. Vergebens! Er verachtete, was ich ihm bot, bewährte voll Gehorsam sich im Glauben und ward Stammvater eines Volkes, das auf dem ganzen Erdenrund das Einzigste in jener Zeit gewesen, dem sich des Einen Gottes Licht erschloß. Daß ich es haßte und verfolgte, verderben und vernichten wollte, daß es mit Ungemach, mit Leib und tiefer Schmach bedeckt, trotz allem nicht verdarb, das ist in jenem Buch zu lesen, das ihr die Bibel nennt.

 

Hat je ein Volk mit Zähigkeit und Eifer an sein Gesetz gehangen, hat es im Angesicht des Todes selbst nicht abgelassen von dem Glauben seiner Väter, so war es das der Juden. Nur ihm allein dankt auch die Christenheit den Glauben an den einen Gott. Mag auch Gelehrtenspruch und falscher Dünkel, der in den Altertümern gräbt und sich anmaßt, den Sinn und Glauben jener einst gewesenen Völker aus toten Steinen, Schriften zu erkennen, das Gegenteil als Wissenschaft behaupten. Es ist ein Irrtum sondersgleichen, der Gottes Führung nicht begreift, nicht End’ und Ursach seines Schöpfungsplans.

 

Konnt ich auch nicht des Volkes Führung hemmen, das sich im Osten eingenistet und sich in Kanaan ein Reich erwarb, so ward es mir doch möglich, die Einzelglieder, Herrscher zu gewinnen. Ja, meinem Einfluß unterlag selbst Salomo. – Die Götter, die Jehova leugneten, sie drangen ein ins Volk, verdarben Seelen, Glauben, – – und Irrtum ruhte neben Gottesfurcht.

 

Mein Reich gewann, die Herrschaft Gottes schwand. Bald konnte mit Triumph ich mich als Sieger fühlen über Gott und wollte dann verschließen jenes Tor, das zu des Himmels Höhen führt.

 

Welch’ Sieg war mir geworden! Die weite, damals nur bekannte Erde mit allen ihren Völkern diente mir. Das auserwählte Volk, das Jahve sich erwählt, es war im tiefsten Grunde seines Seins verdorben. Der Glaube, den die Väter fromm bewahrt, war abgestumpft, dem rost’gen Schwerte gleich, zum Streite wie zum Schutze unverwendbar. Im Formelkram erstickt, der Weltlust und der Sünde ein stets offenes Tor, und – zwar gewillt, den Rufer in der Wüste anzuhören, doch nicht zu folgen, so zeigte sich das Volk, dem Gott sich offenbarte, dem es in Blitz und Donner einst am Sinai sein ewiges Gesetz verkündet.

 

In diese Nacht der Finsternis des Geistes fiel nicht ein Schimmer jenes Gotteslichtes, ohn’ das der Himmel sich verschließt, das jeder Menschenseel’ den Weg zur Höhe weist, ihr zeigt, wie sie den Abgrund meidet, der gähnend sich am Wege öffnet, den Wanderer beim tiefen Fall zerschmetternd. Wie freute mich mein Sieg und schon war nahe meine Niederlage!

7. Jesus von Nazareth.

 

In Bethlehem erschien ein Stern am Himmel, der strahlend alle anderen verdunkelte und die Geburt von einem Kind verkündete, das unscheinbar in einem Stall geboren.

 

Ich achtete es nicht, denn viele Kinder entspringen ihrer Mütter Schoß, teils wachsend, teils vergehend. Warum sollt grade dieses Kind bedeutsam sein, ein Menschenkind wie hunderttausend andere? Im Vollgefühl der Kraft, die ich errungen, verachtete ich jenes Kind. Auch glaubte ich ein Zufall spiele nur, als Weise aus dem Orient verrieten, daß dieses Kind ein König würde werden, denn wie Orakelsprüche sich gestalten, das wußte keiner besser als wie ich. – Ich lachte, als der Königsschurk Herodes, in Angst für seinen Thron, unschuldige Kinder morden ließ, um auch den Zukunftskönig hinzuschlachten, und freute mich, daß es ihm nicht gelang. Der neue König wird auch mir dann dienen, wenn eine Krone einst sein Haupt umgibt – , es lagen alle ja in meinem Bann.

 

Doch nichts geschah. Kein König ward der Jüngling, der still in Nazareth zum Manne reifte, des Vaters Handwerk lernte und versah. – nein! Dieser Mensch, auf dessen Seele noch nicht der allerkleinste Makel sichtbar, der war zum Herrscher nimmermehr geboren, drum ließ ich ihn gewähren, wie er wollte.

 

Die Jahre flogen und mein Reich erstarkte.

 

Als ich den Weltenraum durchstreifend zu meinen Füßen eure Erde sah, da trat der Geist mir wiederum entgegen, der einst mich warnte, mir zur Rückkehr riet. – Er rief: »Laß ab von deinem Treiben! Die Axt ist an den Baum gelegt, der deines Reiches Sinnbild. Noch einmal sendet mich der Herr, kehr reuvoll um, sonst sinkt in Trümmer zum zweitenmale deine Herrlichkeit. Der Mächtige ist Gott, der jetzt als Mensch auf dieser Erde wandelt, die du mit deines Geistes Hauch vergiftet. Noch ist es Zeit, hör’ auf mein Wort!«

 

»Will jetzt der Unsichtbare sichtbar werden«, rief ich voll Staunen. »Niemals glaub’ ich das. Der Ewige in Menschenform gepreßt, das ist ein Unding. Kann eine Nuß den ewigen raum umschließen? – Kann Gott sich jemals also tief erniedrigen, die Form des Erdenmenschen anzunehmen? Undenkbar ist’s und ganz unmöglich!«

 

»Bei Gott ist nichts unmöglich! Was du leugnest, ward längst Ereignis! Blick auf die Erde hin. Dort wandelt jener, der äußerlich ein Mensch, in seinem Inneren mehr!«

 

Ich sah hinab und bald erkannte ich, daß jenes Kind, um dessenwillen so viele andere hingemordet worden, das still in Nazareth zum Mann gereift, als Hülle Gottes auserkoren sei, damit die Gottheit neu sich offenbare. – – Unfaßlich war’s, ein Widersinn für Gottes Wesenheit. – Ein Mensch als Hülle der Unendlichkeit!? – – Glaub’ dieses Wort, wer will, doch ich vermocht’ es nicht. Und hätten tausend Engel es bezeugt: Die Gottheit selbst steigt als Prophet zur Erde! – ich hätte dieses Wort verlacht. Mein reich war größer als das Gottesreich, so dachte ich, nie ward es meinem Auge sichtbar. Ich aber war der Herrscher aller Seelen, die nicht das Tor zum Gottesreiche fanden. Die Zahl war groß, wie klein war die der bisher mir Entschlüpften.

 

»Laß ab von mir,« rief ich dem Warner zu. »Dein Wort ist Trug, und jener Mensch auf Erden, den du als Hülle Gottes preis’st, ist mir , wie alle anderen verfallen. Merk auf, wie er sich beugen wird vor mir, und meine Oberhoheit anerkennt, sobald ich ihm des Lebens Güter zeige. Sein Leib ist Staub, wie jedes Menschen Leib, und seine Seele giert nach gleichen Schätzen, die noch die Sinne jedesmal betörten, galt es zu wählen zwischen Gott und mir.«

 

»Du irrst, dein Sinn, der ist betört! Du ringst nach Macht, voll Herrschsucht ist dein Herz! Statt demutsvoll vor Gottes Macht sich beugen, hast du dein Ich auf einen Thron gestellt und glaubst, vor ihm wird jedes Wesen niedersinken, anbetungsvoll, ein Sklave deines Winks. – In Gott ist Freiheit, sie ward darum auch dir. Du wirst es büßen, wenn du sie mißbrauchst. Die Zeit ist um, die dir als Frist gegeben. Freiwillig kehre um, eh’ es zu spät ist.«

 

Der Geist verschwand. Ich konnte ihm nicht folgen, und hätt’ doch gern gewußt, wohin er ging.

 

Daß mir im weiten all, im fernsten Äther, stets grenzenlos der Raum mir zugänglich sei, vermeinte ich, und daß dort keine andre Schöpfung ist als die, die Menschen zeugt in ihrer letzten Sproße! Das wußt’ ich auch. Wohin entschwand der Geist? – – So gab es doch im Raum Geheimnisse, in die ich bis zur Stunde nicht gedrungen? –

 

Zum ersten Male wurde mir bewußt, daß meine Kraft auch jetzt noch Grenzen fand und daß ich Sieger nur, wenn ich sie überwand.

 

Es regte sich der Wunsch, es möge Gott sich wahrlich eine Hülle bauen, die in dem Menschen Jesus sich entstaltet. Gewinn’ ich diesen Jesus und hat sich Gott in seine Enge Hülle eingezwängt, so fang’ ich beide gleich mit einem Schlage und herrsche unbeschränkt im weiten Raume. So dachte ich und schritt sofort ans Werk.

 

Ich trat heran an Jesus, bot ihm alles, was meine Macht zu geben bereit, doch er – – er wies mich ab! – Gar schnell ward mir bewußt, daß Gottes Kraft in diesem Körper wohnte, daß ihm zu widerstehen kein Leichtes sei. Gelang es nicht, den Meister zu besiegen, der doch nur Mensch, – so mußte ich in Kürze unterliegen.

 

»Zerstöre diesen Leib, er wird vergehen, modern zu Staub, dann keine Hülle mehr dem Ewigen geben«, so dachte ich und fachte Haß, Verleumdung und Vernichtungswut in seinen Feinden an, ihn zu verderben. Das Judenvolk hat manchen Mann gesteinigt, der sich gefiel, ihm Sünden vorzuhalten, nun sollte dieses Los auch Jesus treffen, zermalmend auf sein Haupt Vernichtung fallen, das sich vermaß, dem Erstgeborenen die Kron’ zu nehmen, die ihm gebührte, nicht dem Menschensohn!

 

Wenn ich jetzt überdenke, welch grauenvoller Irrtum mich bestrickte, so fass’ ich’s selber nicht, wie er nur möglich, daß solche Blindheit mir den Sinn getrübt. Die Menschheit mag erkennen, daß es kein Wesen gibt im Himmel und auf Erden, das nicht in krassen Wahn sich stürzen kann und dann die Folgen tragen muß, die selbstgeschaffener Fluch dem Schuldigen auferlegt.

– – – – – – – – – – –

 

Was ich erstrebte, war gelungen. Am Kreuze hing der Herr der Welt!

– – – – – – – – – – –

 

»Sein Leib wird der Verwesung anheimfallen, wie andrer Menschen Leib, und seine Seele geht dorthin, wo andre hausen, die auch gleich ihm den Tod geschmeckt«, so dachte ich. – – Doch welch ein Schauspiel war’s. Als seine Seele, vom toten Körper abgelöst, nun sich gestaltete als Gottes Hülle durch die der Ewige sich sichtbar macht den Geistern, die seine Kraft dereinst ins Dasein rief.

 

Das große Wort. Es ist vollbracht, ertönte. Es starb der Menschensohn, um Gottessohn zu werden und ausgerüstet mit der höchsten Kraft fuhr er zur Hölle, die mein Reich umfaßte.

 

Die Seelen aller jener Abgeschiedenen, die nicht das Tor zum Gottesreiche fanden, weil ich als Wächter vor dem Eingang stand, sie waren alle meine Untertanen, denn meines Reiches Grenzen umfaßte sie mit eiserner Gewalt. Da gab es kein Entrinnen, – Aug’ um Auge, Zahn um Zahn hieß das Gesetz, das ich zu meinem machte und auch mit starker Hand stets aufrecht hielt.

 

Als einst die Mauern Jerichos, erschüttert vom Posaunenschlag, zu Staub zerfielen, erkannten seine Bürger bis in das tiefste Herz erschrocken, daß es vergeblich sei, wider den Herrn zu streiten. Das Gleiche fühlte ich, wie auch die Mauern fielen, die um mein Reich gespannt, als Jesus Christus nahte und sie sprengte.

 

Mit ihm zog Michael, der mich oft warnte und all die Engelscharen, die ihm in Liebe dienten. Welch ungeheure Menge heller Lichtgestalten zog siegend in mein Reich, den Seelen allen froh verkündend, daß frei der Weg zum wahren Herrn des Alls, der, Fleisch geworden, nun den Tod besiegte und einziehen will in seine heil’ge Stadt.

 

Ja, war ich denn mit Blindheit stets geschlagen, daß ich nicht sah, welch unbegreiflich wunder, welch herrliches Gebild im weiten Raum entstand? – Ich sah, daß Gottes Diener eine Stadt erbaut als Sammlungsort der ihm Getreuen, ein Neu-Jerusalem nun strahlend lichter Schöne, von dem das irdische nur schwacher Schatten war, und sah einziehen dort den Menschen-Gottessohn.

 

Es war doch wahr, was Michael verkündet. Der Ewige nahm Menschenhülle an, legte sein Ich in eines Menschen Herz, nahm dessen Seele ganz zu eigen und ward so sichtbar jeder Kreatur! – –

 

Mir finsterm Grimm sah ich mein Reich zertrümmert, erkannt und mit Groll die Ohnmacht meines Willens und stand erstarrt im tiefsten Seelenschmerz.

 

Der Schöpfer schuf sein neues Reich erst aus dem meinen und ohne mich, der Mittel war zum Zweck, wär diese Schöpfung nimmermehr entstanden. Ich bin es erst, durch den sich Gott entfaltet als Herrscher in dem All. Was wäre ohne ohne mich denn Gott? – Kann eine Kraft, die Widerstand nicht findet, jemals nur etwas Brauchbares erschaffen?

 

– Nein, nimmermehr, sie bleibt untätig, schlaff! –

 

– Der Widerstand erst macht sie schaffend, reizt sie zur höchsten Tätigkeit, und daß ich widerstehen, dem Herrscher mich nicht unterwerfen würde, das wußte Gott, der mich ins Dasein rief.

 

Du willst die Liebe sein, warum, o Herrscher, gabst du mir nicht die Liebe in mein Herz, die du so reichlich jenen Wesen gabst, die Neu-Jerusalem nunmehr bevölkern? – Sie singen Jubellieder, sind überschwenglich voller Liebe, wie sie sagen, und fanden doch nicht jenes kleine Tor, das einführt in dein Reich, bis du es zeigtest. Der breitere Weg zu mir war bald gefunden und Liebe hatten sie auch stets zu mir, weil sie erhielten, was ich selbst besaß. Glaub’ nur, Zertrümmerer meines Reichs, daß ich, wenn nicht zu dir, doch Liebe zu den Meinen fühle.

 

Entreißt der Mensch dem Löwen seine Jungen, so zittert er vor dessen Kraft, mit der er rächen kann den frechen Raub. – Du bist der Stärkere, ich weiß, muß darum mich ergeben, denn zweimal hast du mich besiegt und nicht gelüstet’s mich zum drittenmal, als Löwe dir zu unterliegen.

 

Erbaue dir ein neues Reich, zieh zu dir meine Seelen, ich will sie dir nicht länger streitig machen. Noch sind Billionen in der Zukunft Schoß, die ausgeboren werden müssen, bis meiner Schöpfung Quell versiegt.

 

Ich sehe zu, abwartend, ob die Seelen, die mir und meinen Dienern sich ergaben, die meinen Weisheitslehren folgten, sich dir ergeben oder mir!

 

Ist letzteres der Fall, so fordre ich mein Reich zurück. Zerstör dann du dein neues Liebesreich!

 

Bis dahin will ich auf der Grenze weilen von Gut und Böse und als ein Hüter dieser Schwelle gelten! Gleichgültigkeit heiße die Fahne, die ich entrolle und dem Panier der Liebe dir entgegenstelle!

 

Ich rief es laut, und eine Donnerstimme klingt in mein Ohr: »Es sei!«

 

Frei gab ich jetzt die mir bisher Getreuen und sprach zu ihnen voller Grimm im Herzen:

 

»Geht hin in alle Welt gleich den Aposteln, die sich der Nazarener jetzt erkor und lehrt den Völkern eure Weisheit. Lehrt sie, dem eignen Willen nur gehorchen, das Schicksal selbst sich zu bereiten. Ein jeder sei sein eigner Gott. Lieb deinen Nächsten, wie er dich. Vergelte ihm mit gleichem Maß, das er dir zugeteilt. Sei Herr, willst du nicht Sklave sein und nimm des Lebens kurzen Erdenlauf als jene Spanne an, die nur allein dir Glück und Macht verleiht, dem dann das Nichts dir nach dem Tode folgt.

 

Geht hin, Dämone, lehret diesen Glauben! Ich harre aus auf meinem Posten, zu sehen, wessen Lehre siegen wird!«

8. Luzifers Saat.

 

Die Saat, die ich gesät, ging auf, trug Früchte, die ich nimmermehr geahnt. Die schwachen Wurzeln eines Weisheitsbaumes, der auf dem Grund der Eigenliebe wuchs, durch dessen Schatten nicht die Liebessonne dringt, sie wurden wohl gedünkt vom Wasser der Unduldsamkeit, das reichlich noch dem Herzenquell entströmt, den sich die Menschheit selbst erschloß.

 

Gewiß, in mir war Trotz, doch lediglich das Böse, das hab ich nicht gewollt. Die Menschen heute haben übertroffen in Niedertracht und geiler Sinneslust, in Bosheit, Rachsucht, Haß, was kein Dämon sich je hätt’ träumen lassen. Sie haben meine Lehre wohl befolgt und haben sie zu einer Höh’ gebracht, zu der ich schaudernd jetzt emporgesehn. Ich hab’ es nicht gewollt, daß die Geschöpfe, die doch mit meinem Willen erst das Licht des Lebens sahen, so tief in eigne Finsternis je fallen, die mir und auch den meinen einflößt ein schreckenvolles Grauen.

 

Freiwillig hat die Menschheit angenommen, was nicht gelehrt zum Untergang der Seelen, wohl aber zur Erhaltung einer Macht, die fromme Seelen jetzt satanisch nennen und doch nur ihrem eigenen Sinn entspringt.

 

Der Forderung Jesu: Liebe deine Feinde! Lieb über alles Gott und deinen Nächsten wie dich selbst, ein Höchstgesetz, das bis zum Tod erfüllt von ihm, stand meiner Weisheit strikter Gegensatz entgegen, noch heut’ von manchem Rednerstuhl verkündet und gierig aufgefaßt von vielen Menschen.

 

Seht an das römische Gesetz des Rechts! Für viele Länder hat es heute Geltung. Wem unterliegt es denn? Gott oder mir? Entstand es nicht aus meinen Lehren?

 

Wenn es mein Streben war, die Menschheit abzuziehen von der Verehrung Gottes und sie der meinen zuzuwenden, so glaubt drum nicht, ich sei von Grund aus schlecht. Nicht schlechter bin ich als die Kronenträger, die hundertfach Gesetze ausgeklügelt, durch die sie ihre Macht befestigt und ihre Majestät als heilig aufgestellt. Wer Macht hat, will regieren, deshalb verachtet er noch nicht die er regiert, ja, kann sie lieben und wünscht sie glücklich und zufrieden, damit die ihm gewordene Macht nicht abstürzt, ihm aus der Hand entschwindet. Sind eure Volkeshäupter schlecht im tiefstem Herzen, nur darum schlecht, weil unbedingt Gehorsam sie verlangen für das, was als Gesetz sie aufgestellt – – so bin ich’s auch. Das wollte ich erproben! – Groß stellte ich mich auf die Schwelle gleichgültigen Sinns, um abzuwarten, was sich die kluge Menschheit auserwählt, der Freiheit ihres Willens ward gegeben.

 

Der Teufel bin ich nicht! – Der Teufel sind die Seelen, die gänzlich abgekehrt vom schwächsten Puls der Liebe, imstande sind, den Menschen zu zerfleischen. Ein Teufel-Oberster kann nie der Erstgeborne werden!

 

Ich lehn es ab, ein Höllenfürst zu sein, wie ihn die Alten sich als Pluto dachten. Noch weniger bin ich gewillt, dem Kirchenwahnsinn als Modell zu dienen, der mich mit Hörnern, Klauen ausgestaltet, zum Scheusal frommen Wahnes macht. Sucht rings im Weltall, nirgends ist zu finden ein Wesen, das dem Bilde gleicht, das öder Pfaffengeist sich ausgeklügelt zum Zweck der Herrschaft über blöde Menschen.

 

Zum Teufel hat der Mensch sich selbst gemacht, mit Luft hat er sein Herz dazu gestaltet, hat seinen Sinn gebraucht, von Gott sich abzuwenden, den Geistesfunken, den der Herr ihm gab, im Schlamm der Erdenluft zu töten, zu höhnen den, der ihm das Leben gab, um dann voll Heuchelei mir zuzuschieben, was eigene Verruchtheit erst geboren.

 

Erstarrt bin ich von alle dem Entsetzen, womit der Mensch die blutgetränkte Erde in allen Ländern überdeckt, derselbe Mensch, den ich auf falschen Wegen zu Glück und Reichtum führen wollte.

 

Ich bin besiegt! – Hätt’ ich’s geahnt, daß meine Herrschsucht und mein Trotz je solche Früchte zeitgen würde, daß sich der Mensch so ganz verstricken wird in Lug und Trug, durch Ströme Bluts zu waten sich nicht scheut, ich hätte nie Kraft gebraucht, wie ich sie brauchte.

 

Gleichgültig wollt ich sein, ich konnt’s nicht bleiben!

 

Der Menschheit Treiben wurde mir zuwider. Mich ekelt vor der Kreatur, die Gottes Ebenbild könnt sein und nur die Fratze zeigt. Auch meine Diener scheuen sich vor solchem niedern Treiben.

 

Und Gott, der Herr, ließ es geschehen, vernichtete nicht diese Brut. Austobten sich im Wahnsinnskrieg die Völker und wollen sich auch weiterhin zerfleischen.

 

Da packte mich das Weh, das Schwert der Schuld fuhr tief mir in die Seele und todeswund schrie ich zum Herrn des Lichts:

 

»Ich hab gefehlt, o Herr, – ich hab gefrevelt und ich bin nicht wert, dein erstes Kind zu heißen. Du weißt, was jetzt geschieht, das hab’ ich nicht gewollt, durch mich kam aller Hochmut in die Welt, nun laß durch mich ihn wiederum vernichten. Gib mir die Kraft zurück, die du mir nahmst, gebrauchen will ich sie nach deinem Willen, will sühnen, was ich einst verbrach!«

 

Gott ist die ew’ge Güte, die Liebe, die Barmherzigkeit, er hat mein Schrein gehört und mir verziehn. – Doch lösen muß ich jetzt die Bande, muß töten was sich ruchlos zeigt. Was in den Stunden fluchwürdigen Tuns zu eisenfestem Ton gebrannt. Es muß zermalmt, zerstäubt und ausgelöst in die Atome werden. Die Spreu ist von dem Weizen jetzt zu sondern.

 

Nicht soll der Mensch dem Satan mehr andichten, was er stets selbst verschuldet, nicht ihm aufladen voller Heuchelei, was in dem eignem Herzen gärt und ihn zu Taten zwingt, die Luzifer mit Abscheu von sich weist.

 

So hör’ es Menschheit: Zittre vor den Folgen, die deinem eigenen Drachentum entspringen. Licht soll es werden in der Finsternis! Es naht der Träger ew’gen Lichts, das er verdunkelte im irren Trotz. Neu soll es strahlen über alle Menschen, die ihn als Boten Gottes anerkennen, der reuvoll in das Vaterhaus getreten und angenommen ist als einst verlorner Sohn.

 

Lacht nicht als sei dies Märchenkunde,

Glaubt nicht, daß ich verkünde leeren Wahn!

Bald wird es heißen auf dem Erdenrunde:

Das Licht erstrahlt! – der Rächer zieht heran!

Das Leben des Menschen

Woher? — Wohin?

Woher?

 

Der Mensch, in sich das größte Wunderbild der Schöpfung, hat wohl gelernt, seinen höchst künstlichen Körperbau soweit zu ergründen, als Anatomie und Physiologie es mit ihren immerhin mangelhaften Hilfsmitteln gestatten, aber gleichzeitig hat er es verlernt, seinen innersten Keimen nachzuforschen und sich klar zu machen, was denn eigentlich in ihm lebt, was ihn gewissermaßen zum Leben zwingt, ja, was denn eigentlich Leben sei und wo die Geburtsstätte des eigentlichen Lebens zu suchen sei. So wie unsere ganze jetzige Zeit ein Suchen nach Äußerlichkeiten, ein Jagen nach greifbaren materiellen Dingen darstellt, so zeigen auch die Wissenschaften durchgängig ein Gepräge, das den Stempel des modernen Zeitgeistes trägt, und das ist der Satz: »Glaube nur, was du siehst!« Daß eine Zeit die sich selbstwillig aller Ideale entäußert, die nur nach den materiellen Gütern des Lebens ringt und bei allen Dingen, die sie in den Bereich ihrer Berechnungen zieht, stets die Frage bereit hat: »Was ist dabei zu verdienen?« Wenig Sinn dafür haben kann, in das Gebiet des rein Geistigen hinabzusteigen, sich wahrhaft klar die Probleme des Seelenlebens in ihren Beziehungen zu Gott und der Natur vorzulegen, ist wohl begreiflich, aber tief bedauerlich. Die Menschheit muß durch diesen Taumel des herrschenden Weltgenusses, der nicht befriedigt, sondern nur zu weiterem erschöpfenden, entnervenden Genusse anspornt, schließlich zu einer Höhe des Raffinements getrieben werden, aus dem kein Zurückklettern mehr möglich, sondern nur ein zerschmetternder Sturz aus schwindelnder Höhe mit größter Sicherheit vorauszusehen ist. Die Geschichte des Römerreiches und anderer längst dahingeschwundener Weltreiche lehrt uns, daß die Natur sich nicht verspotten läßt: übertreten wir ihre Gesetze, so liegt die Strafe schon in dem Gesetze, als Folge der Übertretung, und kein Mensch, der ihre Gebote mißachtet, wird straflos ausgehen.

 

Entfernen wir uns von den Idealen, welche Moral, sittliches Empfinden und Religion in uns einpflanzten, und welche uns zur Würde des Menschen erheben, – denn ohne diese wären wir den Tieren gleich – so ist gewiß, daß die Strafe auf dem Fuße folgen muß. Das Bewußtsein, recht zu tun, sittlich zu empfinden und durch Gott mit sich und den Mitmenschen friedlich zu leben, die Freuden des Lebens im raffinierten Lebensgenusse, sondern in dem Streben des Geistes nach Vollkommenheit zu suchen und so Herz und Geist zu stärken, anstatt beide zu entnerven, gibt den Menschen jenen Abel der Gesinnung, der ihn fähig macht, das Ärgste zu ertragen und in Freudigkeit auszuharren, bis auf Regen wieder Sonnenschein folgt. Der Friede, die glückliche Ruhe, welche ein hoffnungsvolles Streben in der Liebe zum wahrhaft Guten auszeichnet, wird nicht gestört und finstern Gewalten der Verzweiflung, der Vernichtung gleiten, ohne ihre schwarzen Schatten zu werfen, an ihm vorüber.

 

Im Innersten des Menschen, d. h. in seinem innersten Heiligtum, wohinein keiner gerne seinen nächsten Freund oder Anverwandten einen Blick tun läßt, dort, wo seine geheimsten Gedanken schlummern, dort regt es sich nun oftmals in einsamen Stunden, und mit Zentnerlast legt es sich auf seine Seele, wenn eine Frage aus diesem Regen und Bewegen entsteht, die sich in dem kurzen Worte »Wohin« zusammenfassen läßt. Ja, wohin führt den Menschen das tolle Treiben der Welt, wohin führt diese Sucht, zu glänzen, bewundert zu werden und alle Genüsse, die die kurze Spanne eines Menschenlebens bietet, sich zugänglich zu machen, wohin führt dieser Weg zuletzt? »Ins Grab!« Ist die dumpfe Antwort, die sodann aus diesem geheimnisvollen Winkel des innersten Seelenlebens tönt, und schaudernd sucht sich der Weltmensch abzuwenden von diesem unangenehmen Mahner der Vergänglichkeit alles Irdischen. Leise zittert es aber wieder in diesem innersten Heiligtume, und wieder regt es sich dort und eine zweite Frage ertönt in demselben. Diese lautet: »Und nach dem Grabe – wohin?« Lauter, eindringlicher erklingt diese zweite Frage und der Weltmensch sucht mit krampfhaftem Lachen und scheinbarer Sorglosigkeit diese unangenehmen Töne zu übertäuben. »Weiß ich’s? Mir ist es gleich, ich suche jetzt zu leben.« – Das ist der tröstende Spruch seines Mundes, und er lebt, lebt – und stirbt in Wahrheit in jeder Minute seines eingebildeten Lebens. – Langsam, wie das Meer von dem Gestade eines felsigen Eilandes, langsam aber sicher mit gieriger Zunge Sandkorn um Sandkorn abbröckelt und verschlingt, so verschlingt jede Minute einen Teil des dem Toren so kostbaren Lebens und blickt er zurück, aufgeschreckt durch den Sturz eines größeren Stückes des unterwaschenen Felsens, so erkennt er, wie erbarmungslos das gefräßige Meer der Zeit an seinem Lebenseiland bereits genagt, wie klein es schon geworden, und wie bald es verschlungen sein wird, das ihm so kostbare Leben. – »Wohin?« Dröhnt es ihm nun abermals entgegen, jetzt aber mit erschütternder Kraft und wohl ihm, sucht er diese Frage nicht weiter zu übertäuben. – Er sucht dann in seinem Innern, der Mensch, denn er fühlt, »kann ich das »Woher« ergründen, so kann ich auf das Wohin wohl schließen!« – Leise tauchen da leichte Bilder auf in der Seele des Wahrheitssuchenden und in dem Heiligtume des Herzens wird es gar emsiglich geschäftig. Fragen entstehen immer mehr, und der wunderliche Mahner, der all diesen Rumor hervorrief, sitzt jetzt klar und erschaulich im innersten Herzenswinkel und sagt:

 

»Frage nur, ich kann’s Dir sagen. Denn sieh, ich bin ein winziges Teilchen von jener Urkraft, die Alles in dem großen Weltenraum geschaffen; ich bin Dir beigestellt, daß Du mich pflegen, mich erwecken und nähren sollst. Du sollst mich auferziehen, mich groß machen und sei überzeugt, ich bin nicht undankbar. Ich bin dein innerster und ewiger Geist. Ich hänge mit dem großen ewigen Urgeist innig zusammen und kann Dir Alles geben, in dem Maße, wie du mich erziehst. Lasse mich mächtig werden in Dir, o Mensch, lasse mich so wachsen, daß ich Dein ganzes Ich erfülle und wir kehren dann als Eins zum großen Urquell zurück, von dem wir ausgingen. Du, o Mensch, hast die Pflicht mich groß zu ziehen, Du hast die hehrste aller Mutterpflichten an mir, deinem selbsterzeugten und geborenen Kinde zu erfüllen und siehe, das ist der Zweck Deines Lebens. Hast Du diesen Zweck erfüllt, hast Du die Elternpflichten an mir wohl betätigt, so gehen wir ein zum wahren Leben und die Frage »Wohin?« liegt nicht als Schreckbild, sondern als goldiger Morgensonnenglanz vor Dir. Siehe, ich bin noch schwach in Dir – ergreife mich und pflege mich!«

 

Da staunt der Mensch, denn er ahnte nicht, daß in ihm noch ein Wesen leben könne, Neugierde aber und die leise Hoffnung, vielleicht doch Wahrheit zu erforschen, veranlassen ihn, auf diese Elternschaft einzugehen und er sagt zu dem so plötzlich entstandenen kleinen Sprecher in seinem Herzen: »Wohl, was Du sagst, klingt meinem Ohr angenehm, doch sage mir woher du kamst und dann werden wir weiter sehen; beantworte mir erst diese Frage und dann gebe ich Dir Raum in mir, soviel Du willst, doch nur, wenn Du diese Frage gut erledigst!«

 

Das kleine Wesen lächelt und sagt:

 

»Du willst mit mir handeln und fürchtest, eine Katze in dem Sacke zu kaufen? Doch es sei so, ich will Dir antworten, doch wisse, da Du mir einmal erlaubt zu reden, so wachse ich schon dadurch, und töten kannst Du mich nicht mehr, wenn ich erst einmal zum Leben erwacht bin. Doch jetzt sei still, höre zu und störe nicht durch Fragen, damit Du wissen magst, »woher« ich bin.«

 

»Sieh an das große Weltmeer, wie es wogt und stürmt, wie große Wassermengen an seiner Oberfläche verdampfen, aus denen Wolken sich bilden, die weit hinausziehen in weite Lande, um Fruchtbarkeit und Segen zu verbreiten, durch den in ihrem Schoße verborgenen Regen. Der niederströmende Regen dringt ein in die trockene Erde, sammelt sich dort zu Quellen, verbindet sich oft mit den unterirdischen Gewässern, die stets mit dem Meere auf vielfach verborgenen wegen in Verbindung stehen und aus der hervorbrechenden Quelle entsteht ein Bach, aus dem Bache durch Vereinigung mit andern Bächen ein Fluß, ein Strom, der seine stattlichen Gewässer dem Meere, der großen Mutter, wieder zuführt. Es ist ein Kreislauf der Dinge. Jedoch ein großer Unterschied waltet zwischen den zurückkehrenden Gewässern und den ausströmenden vor: Das Wasser ist trinkbar geworden, veredelt! Siehst Du, hier ist ein schwaches irdisches Bild, das uns den geistigen Kreislauf etwas veranschaulichen kann. Das Meer – es ist der Urquell alles Seins und Lebens. Es wogt und stürmt an seiner Oberfläche gar gewaltig, doch nur ein paar Meter unter dieser da ist erhabene Ruhe, Friede, und seine ungemessenen Tiefen verbergen Geheimnisse um Geheimnisse, unerforschlich dem Auge des Forschers; nur was es freiwillig hergibt, wird beschaulich, und einzelnen kühnen Auserwählten gestattet es manchmal, bei ruhiger See Tiefforschungen anzustellen, deren Resultate den Menschen erschauern lassen vor der Fülle der ungeahnten tiefverborgenen Wunder. So ist es auch mit dem Menschen und zwar mit dem seelischen Menschen. Ausgehend von dem allgemeinen Urquell steigen Tausende von kleinen Zellen in Gestalt von Wasserbläschen auf, die einzelnen Seelenpartikel, dieselben verdichten sich zu festeren Wolkengebilden und ziehen so hinaus in weite Lande. Je schwerer, d. h. Dichter sie nun werden, werden sie hinabgezogen zu der Erde und fallen nieder als der befruchtende Regen. Je dichter die Seelenpartikel werden, je mehr, je mehr werden sie hinabgezogen zu den Planeten und Fixsternen und bilden da die Keime des organischen Lebens; sich gegenseitig ergreifend und vereinigend, entstehen die mannigfaltigen Formen der Schöpfung und die Repräsentanten des Mineral-, Pflanzen- und Tierreiches. Gleichwie der Regen, sich einigend mit anderen Wässern, zunächst Quelle, dann Bach und Fluß bildet und durch die Ufer gezwungen ist, feststehende Bahnen einzuhalten, so wird hier die Form gegeben, die zu durchbrechen nur gewaltsam möglich ist. Sind viele, viele Quellen, Gewässer, Bäche, Flüsse nun vereinigt zu einem Hauptstrome, ist seine Flut gereinigt, Süßwasser geworden, und hat sei Lauf, Segen verbreitend, sich dem Meere wieder zugewendet, so gibt er diesem, langsam und majestätisch fließend, Alles zurück und das Leben erlischt ausklingend wie ein harmonischer Akkord. Siehst Du, das ist das äußere Bild der Menschenseele, die bis zu diesem Punkte dem geschilderten Kreislauf gleicht. Du frägst nun: »doch wohin eilt jetzt der Strom, der sich in’ Meer ergießt?« Geduld! denn das Woher ist ja noch nicht erschöpft! – In diesem Kreislauf erblickst Du ein Gesetz, das, ewig wirkend, ewig ist und bleibt; das Gesetz jedoch bedingt, damit es wirken kann, der »Kraft«, – die Kraft wäre untätig, triebe sie nicht an der »Wille« und der Wille wieder wird bedingt durch die »Liebe« zu einer Sache, die Liebe als innerste Triebfeder alles Seins. Hier liegt der Kern! Entspringt unser Dasein einer Liebe, so muß dieselbe sich bewußt sein, denn sind die Geschöpfe sich selbst bewußt, um wieviel mehr muß es dann der Schöpfer sein, da Er nur geben kann, was Er selbst besitzt? So wie Er das zu erschaffende Wesen in Sich erschaut, so tritt es in der Schöpfung auch aus ihm selbst heraus und so ist sich der Mensch selbst ein Beweis der Wesenhaftigkeit des Schöpfers, da er selbst nur Geschöpf und das Abbild eines Wesens sein kann, das alles Seine Eigenschaften in sich vollkommen vereinigt. Nur was bereits in der Idee und Form irgendwie vorhanden ist, kann erfaßt und in gleicher oder ähnlicher Form wiedergegeben werden, nicht aber kann aus Nichts Etwas – und gar sich selbst Bewußtes – je entstehen. Dieses sich selbst bewußte Ich nun, siehst Du, das – bin ich; die Seele, zusammengeklaubt aus Tausenden von Elementen, ausströmend aus dem Urquell, ist mein Kleid, dem ich mich erst bewußt zu machen habe, so wie ich wachse, wird es in ihr hell und sie erkennt nun, daß sie lebt, versucht allmählich ihres Daseins Zweck und Ziel und forschet gerne über das »Woher« – »Wohin?«

 

»Wieviele gibt es doch, die nie zum wahren Selbstbewußtsein sich aufraffen, sie schlafen den Todesschlaf des Geistes, fürchten wohl, gar unsanft gerüttelt und geschüttelt zu werden, verschließen sich der besseren Logik völlig, und nennen stolz sich »Rationalist« und »Atheist«. Sie glauben sich aufzuschwingen zur reinen Vernunft und steigen hinab nur zur bedingten Tiervernunft, die über gewisse enge Grenzen hinaus nicht reichen kann, da sich das Tier nicht selbst bestimmen darf. Das selbstbewußte Ich stelle ich nun dar, das also ein Abglanz ist des höchsten selbstbewußten Schöpfergeistes. Ich bin Ihm ähnlich und Dir beigegeben, damit ich, in Dir wachsend, Dich offenen Auges führe vom Quell zum Bach, zum Fluß, zum Strom. Wie Du in einem Spiegel der großen Sonne Licht kannst wohl erschauen, so strahlt in mir ein Teil des großen Schöpfergeistes und so findest Du in mir und durch mich den Schlüssel zum Verstehen aller Weltgeheimnisse, doch nur, wenn Liebe die innerste Triebfeder zum Suchen ist. Nicht selbstsüchtige, sondern die selbstverleugnende Liebe, die nichts für sich, doch Alles nur für Andere, ihre Nächsten, will. – jetzt weißt Du schon, »woher« ich bin, jetzt höre, wie Du es schaffest, daß ich in Dir wachse, denn das also ist nur der Zweck des Lebens«:

 

»Wenn sich zwei Menschen lieben, so wirst Du oftmals finden, daß sich ihre Gedanken ausgleichen, daß ihre Taten sich ergänzen und nichts tut dann ein Teil, was nicht der Andere billigt. Der eine Teil fügt sich gern dem andern, und gegenseitig herrscht derselbe Trieb, stets zu vermeiden, was den Andern kränkt. Die Wohltat steter Harmonie, friedsamen Glücks herrscht in solchem Kreis und beider Wille ist nunmehr nur Einer. Siehst Du, das Bild der wahren, reinen Ehe, die sich auf höchste Lieb’ und Achtung stützt, dies Bild soll darstellen die rechte, wahre Ehe zwischen Seele und Geist. Der Geist, das ist der Mann, sich selbst bewußt, und der Repräsentant des Willens, der da herrschen soll im Haus, herkommend von dem Urquell alles Seins, als Ich des Menschen; die Seele ist das Weib und ist entstanden erst durch Übergang der Formen bis zum Menschenbild, schließt in sich also ein zahllose Ideen und Bildwerke der Schöpfung, die es durchdrungen und in sich vereint, gibt so dem Geist ein Kleid und eine für ihn lesbare Landkarte des Alls. Je mehr nun gegenseitig das Streben nach Vollkommenheit hervortritt, je mehr der Mensch die Liebe in sich auch nach außen stellt durch Werke der Barmherzigkeit und Liebe, je mehr sein Sinn geadelt wird durch Streben nach dem Guten, je mehr auch eint und festigt sich das Band der Ehe zwischen Geist und Seele und führt den Menschen ein zu Harmonie und Frieden. Den Menschen lehrt das Wissen dann der Geist: wer diesen Weg betritt, hat seinen Lehrer in sich – Genüsse lernt er kennen, die das wahre Leben enthalten, doch nie wird sie die Welt begreifen und erfassen. Der Punkt, wo Geist und Seele sich finden, ist das Herz, hier sprechen beide laut und klar: hier warnt der Geist, die Tat vorher zu prüfen, ehe es zu spät ist, hier stemmt sich oft das Weib »Seele« der besseren Erkenntnis ihres Gatten entgegen, hier zanken oft sich beide Stimmen deutlich und diesen Zank nennt dann der Mensch »Streit des Gewissens«. Ist nun die Tat geschehen, die verderblich und unheilbringend war, so dröhnt oft mächtig die allgewaltige Geistesstimme, die – in sich edel – stets das Böse haßt und das nennt der Psycholog »Gewissensqual«. Es ist die Stimme Deines ewigen Geistes, o Mensch, wie in Dir spricht, des Geistes, der selbst den Körper töten kann durch sein gewaltig strafend Wort, und so die macht der oft argen Seele nimmt, Böses zu schaffen, anstatt sich mit Ihm zu einen und eng verbunden mit ihrem Herrn den Weg zur Glückseligkeit zu wandeln.«

»Wohin

 

geht nun der Weg? Fast fürchte ich, ich predige tauben Ohren, leerem Herzen, versuch’ ich es, die Frage Dir zu lösen. Doch – einstens kommt die bittre, arge Stunde, in der es »sterben« heißt – der Tod grinst dann Dich an mit seinen Qualen, verlässest Du den Weg, den ich Dir wies. Doch nur mit Freuden ohne Furcht und Bangen, siehst Du den Tod als Freund an, nicht als Feind, erfassest Du die Wahrheit meiner Worte! Drum denk’, o Mensch, an mich, wenn es einst »sterben« heißt, verachtest Du mich jetzt, so wirst Du fühlen müssen, weil Du nicht hören wolltest. – Das Land, wohin Du eilest nach dem Tode, ist das Land des (wahren) Lebens, dort herrschet nicht mehr Streit, Zank, Ruhmsucht und Geld der Erde, nein: Liebe, Friede nur und Harmonie! Je mehr Du Dich vervollkommnest, je höher steigt Dein Staunen – die Werke der Unendlichkeit, des Ewigen Kraft und Gnade werden Dir beschaulich! Erkennen kannst du Ziel und Ausgangspunkt des Lebens, doch nie kannst Du erreichen das Ende der Ewigkeit. Dein Leben ist dann ein unablässig Ringen nach höherer Vollkommenheit. Die höchste Vollkommenheit ist der Urquell selbst und dieser ist in Sich ewig von Ewigkeit. Erklimmst du nun auch Stufe wohl nach Stufe, so kannst Du doch den Ewigen niemals erreichen und so nimmt auch die Glückseligkeit, die in dem unablässigen Vervollkommenerwerden liegt, kein Ende, sie ist ewig. Aber in dem Ringen nach Besserwerden und der damit verknüpften Erkenntnis, darin nie das Ende zu erreichen, liegt nicht ausgesprochen, daß Du erlahmst und etwa zufolge dieser Erkenntnis vergeblich ringest, o nein, denn jede neue Stufe bringt Dir soviel neue Erkenntnis, neue geistige Früchte und Gaben, daß Du im Streben neue Kraft stets findest, doch nie Ermüdung oder Ungeduld. Ein Forscher will erst das gefundene Gebiet ergründen, ehe er weiterzieht, sonst wäre es nicht nütze.« – – –

 

»Ich hielt mein Wort, gab Aufschluß über das »Woher«, »Wohin«, jetzt zeige, Mensch, ob Du es vorziehst, hier nach meinem Wort zu leben, oder im Wahne, es sei Träumerei, was Du gehört, bis zum Rand des Grabes hinzutaumeln. Ich schreie Dir ins Ohr:

 

»Forsche in Dir«,

 

denn Du sollst leben, um mich, den ewigen Geist, mit Dir zu einen! Willst Du das nicht, so raune ich Dir täglich zu:

 

»Du mußt sterben«

 

– vielleicht wird diese Mahnung dann – Dich forschen lehren!« – – –

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Autor Gabriele Bavastrelly