Treibt eine Ziege zum Berg Eurer Väter,
stürzt sie hinab in das Felsenmeer,
schenkt meinem Maul ihre Seele später
und eine Sünde, so fett und schwer.

Sendet sie fort bis zum Ende der Dünen,
aus Eurer Mitte hinfort, hinfort,
sendet sie her, Eure Taten zu sühnen,
unter der Sonne - an meinem Ort:

Unter der Sonne: Gebleichte Knochen,
unter der Sonne: Verfaultes Fell,
unter der Sonne hat Gott gesprochen
mit einer Stimme wie Wunder hell.

Mit einer Stimme wie fernes Flirren
lock ich die Fliegen zum Fleische hin.
Mag mein Geruch sie zwar machtvoll verwirren,
schwingt doch auch ihre Entscheidung darin.

Wenn dann das Tote verzehrt und gefressen
und nur der Schädel noch heilig lacht,
habe ich Leben und Sterben gemessen
mit meiner Stunden umflammender Macht.

Hat sich das Tier denn von selber gegeben?
War es sich seiner Bestimmung bewusst
oder ersetzte es nur ein Leben,
Priesterlein - dass Du nicht sterben musst?

~

Mehr als das harmlose Ungeheuer,
mehr als das Schreien der stummen Braut
packte mich immer der Menschen Feuer:
Neugierig hab ich sie angeschaut.

Mit einem unsichtbar grinsenden Auge
habe ich all Eure Opfer verschmäht:
Was denn ein Tier mir als Opfer tauge,
frag ich, wenn dort eine Jungfrau steht?

Einer von Euch brachte immer die Ziege -
hab seine Seele mit meiner vertauscht,
wanderte weiter zum Greis und zur Wiege,
hab mich an Euren Gebeten berauscht!

Konnte es fühlen, wie Menschen gemacht:
Habe gelitten und habe gesungen,
habe gehadert und habe gelacht
und mit dem Himmlischen Auge gerungen -

Habe vom Anfang der Erde erzählt,
habe die Weisheit der Väter gepriesen
und eine saftige Weide gewählt
zu meiner Raststatt inmitten der Wiesen.

Nach einem Jahr, einem Mond, einem Tag
bin ich zurück in die Wüste geflogen
und bin dann wieder, so wie ich es mag,
um meinen Hügel der Ziegen gezogen.

~

Wenn ich in einsamen Nächten entschwebe
über die Täler, zum Berge hin,
seh ich die Burg und die Mauern - und lebe
in der Erinnerung reichem Sinn.

In meinen einsamen Nächten erwecke
ich in der Leere, die mich erfüllt,
eine vergessene Flamme und schmücke
sie mit des Himmels vergessener Welt.

In meinen brennenden Nächten verlasse
ich meine Wüste und werde Wind,
spreize die Schwingen und strebe und fasse
Gott, weil bei ihm meine Brüder sind.